2020 geht zu Ende und viele Menschen werden denken: „Endlich!“ Es ist das Corona-Jahr gewesen. Und in diesem „endlich“ schwingt natürlich die millionenfache Hoffnung mit, dass 2021 alles besser wird. Dass der Lockdown Früchte trägt, dass der Impfstoff wirkt, dass wir alle uns in einigen Monaten wieder viel freier bewegen können. Mir hat es 2020 schon ganz schön gefehlt, mich nicht mit meinen Leuten treffen zu können. Abgesehen von der schönen Sommerphase mit seiner trügerischen Corona-Pause fiel der große Geburtstag praktisch aus, der Urlaub auch – sei’s drum. Aber eben auch die Dinge des Alltags, die wir wohl alle benötigen. Sport, Theater, Kneipe, mal eben mit Freunden treffen. Weihnachten, wie wir es kennen. Die Kinder mussten sich in der Schule einschränken und das gilt nun erst recht für die ersten Wochen des neuen Jahres. Ich höre immer mehr Corona-Geschichten in meiner Umgebung. Menschen, die krank geworden oder sogar gestorben sind. Menschen, deren Geschäft leidet oder gleich ganz den Bach runtergeht.

Die Corona-Trennlinie überwinden

Die Hoffnung richtet sich also auf 2021. Es wäre sicherlich übertrieben zu erwarten, dass alle Welt bescheidener, bewusster, dankbarer oder demütiger wird. Gründe dafür gäbe es doch eigentlich. Schließlich leben wir in einem Land, dass – trotz allem – vergleichsweise gut durch die Corona-Krise geht. Mit einem Gesundheitswesen, in dem jeder Pfleger, jede Ärztin sein und ihr Bestes gibt. Das reicht lange nicht, um alle Schäden gutzumachen. Und es wird auch nicht reichen, um gerade in der öffentlichen und politischen Debatte alle Fehler zu verzeihen. Ich finde aber, das Verzeihen ist eine hervorragende Idee und taugt als ein guter Vorsatz im Kleinen für 2021.

Ich kenne einerseits Menschen in meiner Umgebung, die corona-technisch vor extremer Sorge fast schon vergehen. Ich kenne auf der anderen Seite auch Menschen, denen wiederum Corona-Sorgende schrecklich auf die Nerven gehen. Ich höre von Lehrern, die allen Warnungen zum Trotz ihre Kinderschar in der Klasse versammeln wollen – und andere, die sich auf Sicht gar nicht mehr vorstellen können, in die Klassenräume mit den Schülerinnen und Schülern zurückzukehren. Auf der Straße treffe ich Menschen, die sich ungeniert und ohne Maske neben mich stellen – andere ziehen am windigen Elbstrand schon in der Entfernung ihre Maske übers Gesicht und machen einen Bogen. Ich ertappe mich dabei, wie ich das eine wie das andere Verhalten insgeheim beurteile, vielleicht sogar verurteile. Aber weiß ich es besser? Weiß es irgend jemand besser? Vor ein paar Tagen fragte mich ein Freund nach meinem Vorsatz fürs nächste Jahr. Ich nehme mir vor, nicht mehr so schnell zu urteilen, gerade auch, wenn es um Corona geht. Das Virus hat neben seiner gesundheitlichen Gefahr auch das Potential, uns als Menschen auseinander zu bringen. Eine neue Trennlinie droht einzuziehen, gerade auch wegen Corona. Umso wichtiger empfinde ich Signale wie die von manchem Politiker, Fehler einzugestehen. Ob solch ein Eingeständnis am Ende bei Wahlen einen prozentualen Mehrwert hat, weiß ich nicht. Aber als Vorbild für meine Gedanken, meine Einschätzungen, mein Verhalten in Corona-Zeiten – und, wer weiß, vielleicht auch für die Zeit danach – taugen solche Worte ganz sicher.

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